„Das Gartenreich ist unser Juwel“

Ein Blick hinter die Kulissen des Gartenreichs Dessau-Wörlitz

In unserer Blogreihe möchten wir euch von der WelterbeRegion Anhalt-Dessau-Wittenberg erzählen und  euch zu eurem nächsten Ausflug inspirieren. Welche Ziele lohnen sich, wo habt ihr richtig viel Spaß mit euren Kindern, von welchem Ausflugsziel habt ihr noch nie gehört oder wohin sollte die nächste Radtour gehen? Wir freuen uns, dass ihr auf unserem Blog angekommen seid und laden euch ein, die Region mit der WelterbeCard zu erkunden. Herzlich Willkommen!


Heute teilen wir einen Beitrag, der im Online-Magazin "Echtzeit" des Reiselandes Sachsen-Anhalt erschienen ist. Wir schauen gemeinsam mit Michael Keller, Leiter Abteilung Gärten und Gewässer des Kulturstiftung Dessau-Wörlitz, hinter die Kulissen der wundervollen Gärten und Parks unseres geliebten Gartenreichs.
Der folgende Text wurde geschrieben von Matthias Ulrich.

„Ein kleines Stück Holland mitten in Anhalt“ – oft und offensichtlich gern wird Schloss und Park Oranienbaum zwischen dem „Wörlitzer Paradies“ und „Ferropolis – der Stadt aus Eisen“ mit dieser Überschrift versehen. Falsch ist das nicht, aber auch nicht die ganze Wahrheit.

Michael Keller liebt Genauigkeit, muss den Dingen auf den Grund gehen. Er will die Wurzeln finden.

Wichtige Wurzeln der heute „Gartenreich Dessau-Wörlitz“ genannten Kulturlandschaft aus sieben historischen Parks und Gärten liegen tatsächlich in Oranienbaum. Und sie haben einen „holländischen Duft“, eine niederländische Geschichte.

Einen Hinweis hat Michael Keller gleich parat, der beim ersten Hinhören eher beiläufig wirkt. Wohl nur wenige Parkanlagen in Deutschland konnten ihr barockes Original aus dem 17. Jahrhundert so bewahren, wie Oranienbaum. Und dabei wurde sein holländisches Gesicht gepflegt – mit klaren und schlanken Linien im Wegenetz sowie mit dem an eine Gracht erinnernden Schlossgraben.

Spätere Veränderungen blieben weitgehend dezent, mit einer Ausnahme: schon mit wenigen Schritten gelangt man heute aus dieser scheinbar geometrisch geordneten Gartenwelt in ein Reich voller Phantasie.

Als Zutat des späten 18. Jahrhunderts und durch Fürst Franz Begeisterung für die Chinamode erlebt man ein lebendes Landschaftsbild schönster englischer Gartenmalerei, auf dem verschlungene Wege mit kuriosen Brücken über säuselndes Wasser hin zu einem chinesischen Teehaus führen, das von drohenden Drachen bewacht wird.

Die dicht daneben stehende Pagode lenkt den Blick auf sich und fast magisch hinüber nach Wörlitz – dort, wo für Fürst Franz alles begann.

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Blog. Echtzeit

„Belvedere“ ist nicht etwa eine romantische Behauptung mit Sehnsucht nach dem Süden aus einem aktuellen Reiseblog. Hier – ganz oben auf dem Wörlitzer Schloss muss Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau etwa im Frühjahr 1813 gestanden haben. Wie ein Steuermann auf der Brücke sieht er die tastenden Strahlen der Morgensonne langsam über den Vesuv klettern.

Das Rot der Villa Emma an der Bucht vor Neapel wird gleich in Sonnenflammen stehen. Und die Schwäne auf dem Wörlitzer See zu einem ersten Flügelschlag wecken. Es ist geschafft. Fürst Franz blickt von hier oben auf sein Paradies. Auf den Wörlitzer Park, der „en miniature“ Landschaften und Architekturen aus Italien, England und Deutschland auf wundersame Weise zu einem neuen Ganzen eint – mitten in dem kleinen, nicht sehr bedeutenden Fürstentum Anhalt, der „Knautschzone“ zwischen Preußen und Sachsen.

 Verweile doch, du bist so schön

Michael Keller aber steht nicht oben auf dem Schloss, sondern lässt seinen Schritten durch den Park freien Lauf: „Das Faszinierende eines Landschaftsgartens für mich ist, wie der Spaziergänger mit gestalterischen Mitteln beim Durchstreifen des Parks gelenkt, ja geführt wird. Gerade peile ich ein lockendes Ziel an, da entdecken meine Augen zwischen all` den Bäumen und Gehölzen einen geheimnisvollen Tempel. Zufällig entsteht dieser Blick natürlich nicht, die Wörlitzer Gärtner Schoch und Neumark waren einfach grandiose Gartenkünstler, die ihr Handwerk verstanden.“

Kellers Handwerk und Phantasie sind besonders heute gefragt. Schließlich ist der Wörlitzer Park der HotSpot im Dessau-Wörlitzer Gartenreich. Jährlich mehrere hunderttausend Gäste küren ihn zum Reiseliebling. Sie genießen die Qualität dieses denkmalgepflegten Welterbes, flanieren über die 17 kuriosen Brücken, entdecken antike Tempel und Monumente, stillen ihre Sehnsucht nach den warmen Ländern im Amphitheater der Felseninsel Stein, staunen über die englischen Fenster, kostbare Gemälde und das chinesische Design im wunderschön restaurierten Schloss mit Speiseaufzug, können sich kaum sattsehen an den Schweizer Glasmalereien im Gotischen Haus und gönnen sich endlich die Gondelfahrt über den schweigenden See mit einem schmackhaften Abendbuffet an Bord. Fast schmunzelnd will man sagen – verweile doch, du bist so schön.

„Der Wörlitzer Park entstand im Überflutungsgebiet der Auen an der Elbe“

Für den Abteilungsleiter Gärten und Gewässer, so der offizielle Titel von Michael Keller im Team der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz, ist das alles keine Selbstverständlichkeit: „Der Wörlitzer Park entstand im Überflutungsgebiet der Auen an der Elbe. So wundert es nicht, dass die Bodenverhältnisse nicht in allen Bereichen optimal sind für die Anlage eines Gartens mit dieser er Vielfalt an Gehölzarten.“

Auch wenn Landschaftsgärten den Eindruck purer Natur erwecken wollen, liegt ihr Geheimnis in einem menschengemachten Plan. Und der Plan von Fürst Franz war das Versöhnen des Schönen mit dem Nützlichen, die Rückkehr zur Natur – wie sie Jean-Jacques Rousseau beschrieb, das gleichzeitige Schaffen von Arbeit und Bildung für seine Untertanen.

Und das alles mitten in den Elbauen zwischen Wörlitz und Coswig, in einem Überschwemmungsgebiet mit Böden verschiedenster Qualität, die oft zu nass, noch öfter aber zu trocken sind.

Manche Ansätze, Verfahrensweise und Ideen früherer Zeiten hält er auch heute noch für bedenkenswert. So die früher übliche Praxis, das Pflanzenmaterial für die Ausgestaltung der Parks direkt am Ort heranzuziehen. Wird heute in standorterprobtem Gehölznachwuchs eine Möglichkeit vermutet, gegen die Auswirkungen des Klimawandels widerstandsfähigere Bäume und Sträucher zu erlangen, wäre eine eigene Baumschule in interessanter Erprobungs- und Anzuchtort.

Aber auch die Ausbildung von gärtnerischem Nachwuchs ist sehr wichtig, der seine Lehrzeit in historischen Gärten absolvieren und dadurch zum Profi für die Pflege solcher Gartendenkmale werden kann. Um vielleicht die Zitronen, Orangen- und Limettenbäumchen in der Oranienbaumer Sammlung, die seit den 1990-er Jahren aufgebaut wird, wieder in die „Champions League“ der europäischen Zitruspräsentationen zu führen.

Die längste Orangerie in Europa hat man schon mal dafür. 

Zum Finale eine gute Frage: Was wäre zum Beispiel der oft fotografierte „Toleranzblick“ im Wörlitzer Park ohne Wasser?

Kein Spiegelbild der mächtigen Baumkronen umrahmt vom weiß-blauen Wörlitzer Himmel auf der Oberfläche der stillen Kanäle. Kein Sog, der den Blick weiterzieht hinüber zu Synagoge und St. Petri-Kirche, zentriert von der Goldenen Urne im Vordergrund. Und kaum ein Reiz für einen Seitenblick auf die wundersam schöne Inschrift im Labyrinth auf der nach dem Gärtner Neumark benannten Garteninsel:

„Wähle Wanderer deinen Weg mit Vernunft.“

Für Michael Keller verheißt alles das viel Arbeit, Lust auf Neues und fast ein Lebensmotto!

Na, ist das nicht Einladung genug, das Dessau-Wörlitzer Gartenreich (mal wieder) zu besuchen?
Neben dem viel zitierten "Hauptpark" in Wörlitz, gibt es auch Anlagen in Oranienbaum, Mosigkau, Kühnau und mehrere in Dessau. Alle sind auf ihre eigene Art wunderschön anzusehen. Hier erfahrt ihr alles zum Gartenreich.

Mit der WelterbeCard habt ihr in allen Schlössern freien Eintritt und könnt dort an Führungen u.v.m. teilnehmen.

Unter www.welterbecard.de erfahrt ihr mehr zum Angebot, den Einsatzmöglichkeiten der Gästekarte und könnt sie im Online-Shop bestellen oder als digitale Version sofort nutzen.

Teilt eure Impressionen vom Aufenthalt im Gartenreich gern mit dem Hashtag #welterberegion auf Instagram mit uns!

Wir bedanken uns bei der Investitions- und Marketinggesellschaft und Matthias Ulrich für den tollen Blogbeitrag! Lest mehr unter: www.echtzeit-sachsen-anhalt.de

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